Museum Villa Stuck
Kostenlose Ausstellungen im Interimsquartier „VS“
Während die historische Villa Stuck saniert wird, zeigt das Museum Ausstellungen im Interimsquartier in der Goethestraße 54. Ab 5. September sind die Ausstellungen „Yael Bartana. Two Minutes to Midnight“ (bis 20.10.2024) und „Tania Bruguera - The Condition of No“ (bis 24.11.2024) zu sehen. Der Eintritt ist frei!
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Yael Bartana. Two Minutes to Midnight (5.9.-20.10.2024)
Was wäre, wenn Frauen die Welt regieren würden? Yael Bartana inszeniert diese Frage in ihrem performativen Stück „Two Minutes To Midnight“: Die rein weibliche Regierung eines fiktiven Landes soll Stellung zu einer akuten nuklearen Bedrohung durch eine fremde Nation beziehen. Ein Gremium aus Schauspielerinnen und realen Expertinnen für Verteidigung, Recht, Politik und Psychologie befindet sich in einem demokratischen „Friedensraum“. Dieser spiegelt den toxisch männlichen „Kriegsraum“ in Stanley Kubricks klassischer Satire „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ über den Kalten Krieg wider. Die Frauen müssen entscheiden, wie sie der brisanten Situation begegnen wollen.
Bartanas visionäres Werk ist die Synthese eines interdisziplinären vierjährigen Prozesses, der das geopolitische Machtspiel analysiert – und uns eine Alternative zum Macho-Machtdiskurs präsentiert. Das Filmmaterial basiert auf den Aufnahmen der hybrid-experimentellen Live-Performance „What if Women Ruled the World?” in Aarhus und Berlin (2017 und 2018) und der Performance „Bury Our Weapons, Not Our Bodies!“ (Philadelphia 2018).
Yael Bartana entwirft in monumentalen Videoinstallationen vielschichtige Reflexionen über die Gegenwärtigkeit der Geschichte. Sie experimentiert mit der Bildsprache von Macht und Propaganda, geht an ihre Grenzen und deutet tradierte Assoziationswege gezielt um. Es entstehen alternative Gegenwarten und beunruhigende Zukunfts-szenarien. Für die Präsentation im Interimsgebäude VS der Villa Stuck folgt sie der Einladung, eine ihrer Videoarbeiten der bewegten Geschichte des Gebäudes in der Goethestraße 54 gegenüberzustellen. In der NS-Zeit war im Haus mit der Pension Patria eine Zwangsunterkunft für jüdische Personen auf dem Weg zur Deportation untergebracht. „Two Minutes To Midnight“ bringt den historischen Kontext in die Gegenwart und zur Frage: Welche politische Zukunft wollen wir gestalten?
Die Präsentation beinhaltet einen Raum über die Entstehung des Filmes mit Informationen zu den beteiligten Schauspielerinnen und Expertinnen. Besucher*innen sind dazu eingeladen, sich in eine der Rollen hineinzuversetzen, indem sie den Filmraum mit einem entsprechenden Ausweis betreten.
Artist Talk
Sonntag, 8. September 2024, 15 Uhr:
Yael Bartana im Gespräch mit Shelley Harten
Anmeldung und Tickets unter www.villastuck.de
Rundgänge mit der Münchner Volkshochschule
Sonntag, 8.9. 12 Uhr, 22.9. 14 Uhr, 6.10. 14 Uhr, 20.10. 14 Uhr
Führung der MVHS durch das Interimsquartier des Museums Villa Stuck und Einführung zur Ausstellung „Yael Bartana: Two Minutes to Midnight“
FRIDAY LATE, Abendöffnung bis 22 Uhr an jedem ersten Freitag im Monat,
nähere Informationen und Programm unter www.villastuck.de.
Das weitere Begleitprogramm zur Ausstellung gibt's unter www.villastuck.de.
Yael Bartana ist eine Beobachterin der Gegenwart. Sie selbst nennt sich Pre-Enactor – auf Geschichte Bezug nehmend, um Zukunft zu imaginieren. Die Kunst setzt sie wie ein Skalpell an Mechanismen von Machtstrukturen an und bewegt sich dabei auf der feinen, brüchigen Trennlinie zwischen Soziologie und Imagination. In ihren Filmen, Installationen, Fotografien, Performances und öffentlichen Denkmälern beschäftigt sie sich mit Themen wie nationaler
Identität, Trauma, Vertreibung – oft in Form von Zeremonien, Gedenkfeiern, öffentlichen Ritualen und kollektiven Versammlungen.
Ihre Arbeiten wurden weltweit gezeigt, darunter bei Einzelausstellungen im Gammel Strand, Kopenhagen (2024); im Jüdischen Museum Berlin (2021); in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2020); im Philadelphia Museum of Art (2018); in der Wiener Secession (2012); im Tel Aviv Museum of Art (2012); im Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek (2012) sowie in Gruppenausstellungen bei der 60. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia / Deutscher Pavillon (2024), der Biennale von São Paulo (2014, 2010, 2006); der Berlin Biennale (2012); der 54. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia / Polnischer Pavillon (2011) und der documenta 12, Kassel (2007). 2010 gewann sie den Artes Mundi 4 Prize, und 2019 wählte der britische Guardian ihre Trilogie „And Europe Will Be Stunned“ unter die zehn wichtigsten Kunstwerke des 21. Jahrhunderts.
Sie ist in den Sammlungen zahlreicher Museen vertreten, darunter im Museum of Modern Art, New York; in der Tate Modern, London; im Centre Pompidou, Paris und im Stedelijk Museum, Amsterdam. Yael Bartana wurde mit dem Rompreis der Villa Massimo 2023/24 ausgezeichnet und hielt sich dort bis Ende Juni 2024 auf. Sie lebt in Berlin und Amsterdam.
Tania Bruguera - The Condition of No (5.9.-24.11.24)
Die kubanische Künstlerin und Aktivistin Tania Bruguera (geb. 1968 in Havanna, Kuba) konzipiert speziell für das Interimsquartier des Museums Villa Stuck ein Projekt zum Thema Zensur mit dem Titel „The Condition of No“.
Vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen der Zensur und des Machtmissbrauchs in Kuba und in anderen Ländern nutzt Tania Bruguera Kunst als ein Mittel, sozialen und politischen Wandel zu initiieren. International setzt sie sich in ihren Performances und Ausstellungen an der Schnittstelle von Kunst und Politik für freie Rede und gegen Zensur ein.
2022 präsentierte sie auf der documenta fifteen in Kassel das von ihr im Jahr 2015 gegründete Kollektiv INSTAR (Instituto de Artivismo Hannah Arendt). Ziel des Kollektivs ist der Aufbau eines besseren und friedlicheren Kuba, in dem die Menschenrechte respektiert werden und die Menschen ihre Meinung frei äußern können.
Im Februar 2024 zeigte Tania Bruguera im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin, ihre Performance Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours Reading “The Origins of Totalitarianism“), eine 100-stündige Lesung von Hannah Arendts Buch„Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“. Die Lesung wurde von Protesten unterbrochen. Am nächsten Morgen wurde die Performance geschlossen.
Die Entwicklungen in der deutschen Kulturszene betrachtet Tania Bruguera mit Sorge: Dabei denkt sie an das Unvermögen zu sprechen anlässlich der Antisemitismus-Fälle auf der documenta fifteen, die Ausladungen von Künstler*innen und Schriftsteller*innen im Zusam-menhang mit der BDS-Resolution, die Aufrufe zum Boykott deutscher Kulturinstitutionen unter dem Label „Strike Germany“ sowie die jüngste Debatte um eine Antidiskriminierungs-Klausel in der Berliner Kulturverwaltung.
Tania Bruguera schreibt hierzu:
Even though the circumstances, culture and history are different, I have felt things in Germany that I recognize from previous experiences of surveillance and intolerance. I have witnessed collective fear and silencing, followed by punitive measures and cancellations. When I conceived the public program of „The Condition of No“, there was not much public discussion in Germany about these sensitive issues. I began to wonder how collective processing would impact the future.
Tania Bruguera nimmt die aktuelle Situation zum Anlass, um unter dem Titel „The Condition of No“ ein vielfältiges Programm zu konzipieren, welches das Thema „Zensur“ aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
„The Condition of No“ besteht aus drei Teilen:
Während die auf den Erfahrungen des kubanischen Kollektivs INSTAR basierende Ausstellung die Mechanismen von Propaganda, Zensur und Protest in den Fokus nimmt, richtet eine Gesprächsreihe zum Thema „The Condition of No“ den Blick auf die Situation in Deutschland. In Gesprächen werden Beispiele zu Boykott, Zensur und Protest konkret beschrieben und analysiert. Der dritte Teil des Programms, das INSTAR Film Festival, setzt den Schwerpunkt auf unabhängige chinesische Filmproduktionen, die zensiert oder nicht ausgestrahlt wurden.
Ziel und Hoffnung von „The Condition of No“ ist es, Verständnis, Differenzierung und Kommunikation in einer aktuell schwierigen Sachlage zu ermöglichen. Seit Jahrzehnten setzt sich Tania Bruguera in Kuba für freie Rede und gegen Zensur ein. Sie blickt mit den Erfahrungen aus einem anderen Kulturkreis auf die Situation in Deutschland. Dies bietet die Chance, gewohnte Standpunkte zu überdenken und Neues zu erkennen. Es geht vor allem darum, einen angstfreien Raum zu schaffen, in dem man reden kann.
Die Ausstellung in den Räumen der Goethestraße 54 stellt die Mechanismen von Propaganda, Zensur und Protest in den Mittelpunkt. Ausgangspunkt der Präsentation sind die Erfahrungen des kubanischen Kunstkollektivs INSTAR (Instituto de Artivismo Hannah Arendt), das von Tania Bruguera geleitet wird. Die Idee zu INSTAR entstand im Zusammenhang mit einer hun-dertstündigen Lesung von Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ im Jahr 2015 in Tania Brugueras Haus in Havanna. Die Lesung führte zu Tania Brugueras Inhaftierung durch die kubanischen Behörden. INSTAR steht für Anti-Zensur, Redefreiheit und die Schaffung einer demokratischen Kultur.
Die Ausstellung „The Condition of No“ umfasst drei Räume.
Der erste Raum beschäftigt sich mit dem Thema „Propaganda“. Zu sehen sind „Cut-Outs“ des 1983 in Havanna, Kuba, geborenen Künstlers Hamlet Lavastida. Seine Arbeiten thematisieren Unterdrückung, Diktatur und Machtmissbrauch im Kontext propagandistischer Ikonographie. Zusammen mit anderen Intellektuellen, darunter auch Tania Bruguera, initiierte Hamlet Lavastida die Demokratiebewegung „27N“, die zu den größten Massenprotesten in der kubanischen Geschichte führte.
Im zweiten Raum werden die Mechanismen von Zensur anhand von Texten und grafischen Arbeiten dargestellt. Es ist ein didaktischer Raum, der beschreibt, wie Zensur in Systemen der Überwachung die Meinungs- und Redefreiheit der Menschen nach und nach einschränkt, bis Gefühle der Ausweglosigkeit und Angst entstehen.
Den dritten Raum widmet Tania Bruguera dem Thema „Protest“. Zu sehen sind u.a. Arbeiten von Claudia Patricia, die für die grafische Gestaltung des Kollektivs INSTAR zuständig ist. Die Radikalität der Gestaltung dieses Raums lässt Formen des Protests gegen Zensur und Überwachung körperlich und mental erfahrbar werden.
Case Studies zu Zensur, Absagen und Boykott in Deutschland
Über die Grenzen von Rede- und Kunstfreiheit wird derzeit heftig und oft polemisch gestritten. Absagen, Zensur, Verhaltensklauseln und Boykott haben massive Auswirkungen auf den Kulturbereich. Mit dieser Gesprächsreihe lädt die Villa Stuck zu einem intensiven und auf-richtigen Austausch über Themen ein, über die das Reden nicht leicht fällt. Anhand konkreter Fälle in Deutschland fragen Expert*innen verschiedener Disziplinen (Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Journalist*innen, Jurist*innen und Forscher*innen): Was ist passiert? Warum ist es passiert? Und: Wie können wir es anders machen?
Details zum Programm werden auf der Website www.villastuck.de veröffentlicht.
Kuratiert von Tania Bruguera, Florian Malzacher, Roland Wenninger
In Kooperation mit INSTAR und The Art of Assembly
Die 5. Ausgabe des INSTAR Film Festivals wird von 1. bis 3. November in München gastieren.
Das INSTAR Film Festival ist eine jährliche Veranstaltung, die von INSTAR (Instituto de Artivismo Hannah Arendt), einem von Tania Bruguera im Jahr 2015 gegründeten Kollektiv, organisiert wird. Die erste Ausgabe des INSTAR-Filmfestivals fand im Dezember 2019 in Havanna statt. Es ist eine Filmschau, die unabhängige Produktionen auf internationaler Ebene unterstützt, insbesondere in Ländern, in denen die Meinungs- und Schaffensfreiheit bedroht ist.
Das Festival ist länderübergreifend angelegt, zeigt Filme und organisiert öffentliche Veran-staltungen zeitgleich an verschiedenen internationalen Orten. Die fünfte Ausgabe findet von 28. Oktober bis 3. November 2024 statt, mit Vorführungen und Podiumsdiskussionen in Madrid, Barcelona, Paris, Berkeley und München sowie einem gleichzeitigen Online-Programm für Kuba.
2024 zeigt das Festival in Zusammenarbeit mit dem Chinese Independent Film Archive (CIFA) eine Retrospektive des unabhängigen chinesischen Kinos. Zu sehen sind Werke, die ohne staatliche Genehmigung produziert wurden und in ihrem eigenen Land zensiert oder nicht gezeigt wurden, weil sie komplexe soziale oder politische Themen behandeln. Im Rahmen des Festivals wird es eine Wettbewerbssektion geben, in der sich die ausgewählten Filme, die hauptsächlich aus dem globalen Süden stammen, um den Nicolás-Guillén-Landrián-Preis bewerben. Der Preis ist zu Ehren eines der größten und rebellischsten Filmemachers Kubas benannt.
Leitung: José Luis Aparicio
Info: Die ersten Filmvorführungen finden am Abend des 1. November 2024 statt. Am 2. und 3. November gibt es ganztags Filmvorführungen.
Das detaillierte Programm wird auf der Website www.villastuck.de veröffentlicht.
Tania Bruguera, 1968 in Havanna, Kuba, geboren, ist eine politische Künstlerin und Aktivistin, die Performance als Mittel zur Anregung öffentlicher Debatten und politischer Diskussionen nutzt.
In ihren Performances sind Kunst und Leben eng miteinander verwoben. Ihre Praxis geht über Kunst hinaus. Die Künstlerin versteht sich dabei vor allem als Initiatorin, wenn sie mit Institutionen und Menschen als Kooperationspartner*innen und Teilnehmenden arbeitet. Für Tania Bruguera ist Kunst ein Mittel zur Stärkung der Zivilgesellschaft, wobei die Idee einer aktiven, verantwortlichen Bürgerschaft innerhalb der Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt. Sozial engagierte Kunst zu machen, ist für Tania Bruguera kein Event, sondern eine Lebensnotwendigkeit. Dafür hat sie oft ihre eigene Freiheit und Sicherheit riskiert.
Tania Bruguera entwickelt erstmals ein Projekt in München. Ihre Arbeiten wurden auf der ganzen Welt ausgestellt, unter anderem auf den Biennalen von Havanna, São Paulo, Venedig, Istanbul, Shanghai und Gwangju sowie auf der documenta in Kassel. Sie hatte Einzelaus-stellungen im Museo Nacional de Bellas Artes, Havanna, im Neuberger Museum of Art, New York, in der Tate Modern, London, und im Van Abbemuseum, Eindhoven. Brugueras Werke befinden sich in den Sammlungen des Museum of Modern Art, des Solomon R. Guggenheim Museum, der Tate Modern, des Centre Pompidou und des Museum of Fine Arts in Houston.
Tatlin’s Whisper #5 (2008) und Tatlin’s Whisper #6 (2009) gehören zu Tania Brugueras bekanntesten Arbeiten, die in der Tate Modern bzw. auf der Havanna-Biennale aufgeführt wurden. Im Februar 2024 präsentierte die Künstlerin die ursprünglich im Jahr 2015 in Havanna veranstaltete hundertstündige Lesung von Hannah Arendts Buch „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin. Die Lesung Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours Reading “The Origins of Totalitarianism“) wurde von Protesten unterbrochen. Am nächsten Morgen wurde die Performance geschlossen.
Tania Brugueras künstlerische Praxis steht der Pädagogik nahe: Zwischen 2002 und 2009 gründete und leitete Tania Bruguera die Cátedra de Arte Conducta (Behavior Art School), eine alternative Institution, die Künstler*innen außerhalb des traditionellen Akademie-Systems ausbildet und die Schaffung von sozial engagierter Kunst in den Vordergrund stellt. Weitere von der Künstlerin initiierte Projekte sind die Arte Útil (Useful Art) und INSTAR (Instituto de Artivismo Hannah Arendt).
Tania Bruguera ist aktuell Senior Lecturer in Media & Performance, Theater, Dance & Media und Affiliate of Art, Film and Visual Studies an der Harvard University in den Vereinigten Staaten und arbeitet als unabhängige Künstlerin.
In Kooperation mit dem Kulturreferat und den Museen
Dieser Beitrag wird vom Kulturreferat der LHM gefördert.
Termine
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Thu , 10. October 2024
12:00
VS - Interimsquartier Museum Villa Stuck
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