Stipendien für Bildende Kunst

Das Kulturreferat vergibt jährlich sechs Stipendien als Förderung von Projekten in allen Bereichen der Bildenden Kunst.

Förderung für junge Künstler*innen

Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich sechs mit jeweils 8.000 Euro dotierte Stipendien im Bereich Bildende Kunst. Ziel der Stipendien ist die Förderung von Münchner Künstler*innen am Anfang der Professionalität. Für die Bewerbung wird eine abgeschlossene, einschlägige akademische Ausbildung vorausgesetzt.

Eine vom Stadtrat berufene Jury bereitet einen Entscheidungsvorschlag vor. Der Stadtrat entscheidet aufgrund der Vorschläge der Jury in nichtöffentlicher Sitzung.

Eigenbewerbung ist erforderlich.

Stipendien für Bildende Kunst erhielten

Philipp Gufler, Julia Klemm, Minjae Lee, MarinA, Paulina Nolte, Laura Ziegler

Jurybegründungen

Philipp Gufler

Für sein neues Werkprojekt, die Videoinstallation „Dis/Identification" nimmt Philipp Gufler eine Rede des deutschen Juristen, Journalisten und Schriftstellers Karl Heinrich Ulrichs als Ausgangspunkt. Ulrichs hatte diese Rede 1867 auf dem deutschen Juristenkongress in München gehalten, und darin als Vorkämpfer für die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen die Aufhebung der Anti-Homosexuellen-Gesetze gefordert.
Mit diesem Projekt knüpft Philipp Gufler an seine herausragende künstlerische Forschung zu queerem Leben und Geschichte(n) u.a. in München an. In verschiedenen Rollen – als Künstler, Kurator, Forschender und Berater – arbeitete er dazu bereits in den vergangenen Jahren zusammen mit unterschiedlichen Szenen und Gemeinschaften, rund um Themen zur Komplexität und Beschränkung von Identifikation und Sichtbarkeit queeren Lebens. So war er beispielhaft etwa als Berater und Künstler an der Ausstellung „To Be Seen. Queer Lives 1900-1950" (2022/23) im Münchner NS-Dokumentationszentrum beteiligt, und wirkte als Künstler und Kurator mit an der Ausstellung „Exzentrische 80er: Tabea Blumenschein, Hilka Nordhausen, Rabe perplexum und Kompliz*innen aus dem Jetzt“ (2022) in der Lothringer 13 Halle, die eine wichtige Gegenerzählung zu gängigen Konzeptionen der damaligen Kunstszene, aber auch zur bis heute anhaltenden Normativität leistete.
Seit 2013 ist Philipp Gufler zudem aktives Mitglied im Verein „Forum Queeres Archiv München“, das Beiträge und Erkenntnisse zu Alltag, Kultur und Geschichte von queeren Menschen sammelt und zugänglich macht. Für die Arbeit „Dis/Identifikation“ wird Philipp Gufler u.a. mit dem Videoarchiv des Forums arbeiten. Durch die Verwendung von Archivmateralien zeigt er auf, wie politische Kämpfe aus der Vergangenheit in unsere Gegenwart und mögliche Zukunft hineinreichen. In seinen künstlerischen Arbeiten verwebt Philipp Gufler historisches und aktuelles Material zu einem dichten Netz und schafft so Übersetzungen eines forschenden Ansatzes in Kunstwerke, die sowohl konzeptionelle Beiträge zu sozial-politischen Fragen sind, als sie dafür auch eine besonders prägnante ästhetische Formen finden.


Julia Klemm

In ihrer künstlerischen Arbeit geht Julia Klemm von der klassischen Keramik aus. Durch die Mischung von klassischen Techniken und modernen Fertigungsverfahren wie 3D-Druck oder der Verwendung synthetischer Kunststoffe erweitert sie den traditionellen Technikbegriff der Keramik jedoch um eine äußerst zeitgenössische Komponente. Selbst entwickelte Glasuren mit brüchigen und fragil erscheinenden Oberflächen sind ein weiteres, stilbildendes Charakteristikum ihrer Arbeit, die geprägt ist vom Versuch, die Grenzen des technisch Möglichen, zu erweitern. Die für diesen Ansatz notwendige Recherche- und Entwicklungsarbeit verfolgt sie präzise und konsequent. Die daraus hervorgehenden Werke reflektieren sowohl materialästhetische wie auch komplexe inhaltliche Fragestellungen.
Für ihre neue keramische Werkreihe „Troubled Beings“ plant Julia Klemm einerseits in ihre Plastiken gefundene Objekte aus unterschiedlichsten Materialien zu integrieren, und andererseits in größerem Format zu arbeiten. Bedingt durch die begrenzten technischen Möglichkeiten im eigenen Atelier sind die Skulpturen Julia Klemms bislang vor allem in kleineren und mittleren Formaten entstanden. Durch das Stipendium werden die Entwicklung, das Experiment und die Realisierung einer neuen Werkreihe ermöglicht, für die sie unter anderem auf Arbeitsaufenthalte in unterschiedlichen internationalen Spezialwerkstätten angewiesen ist.

Minjae Lee

„Angst“ ist das künstlerische Thema des Koreaners Minjae Lee, dem er sich in zumeist raumgreifenden Installationen bildlich nähert. Er selbst setzt sich als Performer diesen beklemmenden Inszenierungen aus und wird untrennbarer Teil davon. In seiner Performance „Engsten Korridor“ beschreibt er so beispielsweise die Wände mit dem beschwörenden Worten: „Du brauchst keine Angst zu haben“. Gleichzeitig, da der Künstler nur knapp Platz hat zwischen den beiden Wänden des Korridors, wischt er die mit Kreide geschriebenen Sprüche mit seinem Körper wieder aus.
In seinem neuen Projekt „Lampen-Fieber“ möchte Minjae Lee sein Performance-Konzept weiterentwickeln. Stand bisher Minjae selbst im Mittelpunkt des Kunstwerks, so soll nun der Performance-Part von professionellen Darsteller*innen und Tänzer*innen übernommen werden. Die künstlerische Darstellung von „Angst“ soll dabei auf noch subtilere Weise vermittelt werden. Konnten bisher nur Wenige den raren Performances von Minjae Lee beiwohnen, so soll die Zugänglichkeit zu seiner Arbeit damit einem breiteren Publikum ermöglicht werden. Damit setzt Minjae Lee seine Arbeit in logischer Konsequenz in einen größeren Rahmen, verfolgt aber dabei sein Konzept jedoch stringent weiter.


MarinA

Abgelöst von einer singulären Künstler*innen-Identität, tritt die künstlerische Entität MarinA seit 2015 in Erscheinung, und fordert die Strukturen des Kunstbetriebs ebenso wie konventionelle Vorstellungen von künstlerischem Schaffen darin konsequent heraus. Nach Studien an den Akademien von Brera (Mailand), Dresden, Bologna und München beschäftigt sich MarinA in ihrem Schaffen immer wieder mit Widersprüchen, Beziehungen, Abhängigkeiten, Entwicklungen und Innovationen des Systems Kunst. In ihrer Erscheinungsform zeigt sich MarinA vollkommen frei: so ergreift sie Besitz von Menschen und Materialien, kommuniziert in allen Medien, kann Stimme und Stille sein, Bild und Wort. Sie performt gern und stellt dabei vor allem aktuelle Fragen.
Mit ihrem Projekt „Künstlerische Intelligenz“ möchte MarinA eine Applikation erstellen, die, basierend auf eigenen Arbeiten, neue spartenübergreifende Kunstwerkkonzepte generiert. Ziel ist, dass diese Applikation, mit language-model, Zufallsgenerator und selbstdefinierten Regeln, alle vier bis sechs Monate einen konkreten Arbeitsvorschlag entwickelt, den sie per E-Mail kommuniziert, und der dann tatsächlichen von MarinA realisiert wird. Durch das Feedback aus der realen Welt, das in die App einfließt, stellt sich MarinA aktuell evidenten Fragen, wie künstlerisches Schaffen im Zeitalter von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz auf neue Weise funktionieren könnte.

Paulina Nolte

Paulina Nolte führt in ihrer künstlerischen Praxis Zeichnung, Objekt und Performance zusammen, indem sie ephemere und installative Formate verbindet – basierend auf einem ständig erweiterten Repertoire von Tanz, Gesang, Sound und Kostüm. In ihren Projekten knüpft sie ebenso eigenwillige wie überzeugende Verbindung zwischen unterschiedlichsten Bezugsquellen, die sie in eine sehr singuläre performative Praxis überführt.

Für das Stipendium legt Paulina Nolte ihren Fokus auf das Thema kollektive Freude und Ekstase durch das Medium Tanz und plant dazu eine eingehende Auseinandersetzung mit den sozialen, physischen und historischen Aspekten gemeinschaftlicher Erfahrungen. Dabei gilt ihr besonderes Interesse der sozio-politischen Dimension der Ekstase im Spannungsfeld zwischen Aufbegehren und Heilung. Aufbauend auf einer Recherche in unterschiedlichen Archiven in den USA, wird Nolte für das Vorhaben eine neue Performance entwickeln. Dabei spielt die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Katherine Dunham, Maya Deren aber auch von Anni und Josef Albers eine tragende Rolle. Ihre Beschäftigung mit rituellen Tänzen, Formen der Selbstinszenierung und Kostümierung bewegt sich in einer Bandbreite, die vom Bauhaus bis hin zu festlichen und theatralen Tendenzen am Black Mountain College reicht. In ihrer Zusammenarbeit mit dem New Yorker Musiker Bentley Anderson plant sie zudem das Genre der Noise Musik in die Produktion einfließen zu lassen.

Laura Ziegler

Die in München und Hamburg lebende Künstlerin Laura Ziegler (*1990) wirkt mit ihren künstlerischen Formaten nicht nur im Kunstkontext, sondern ihre Werke sind immer auch Vehikel, um bislang marginalisierte Geschichten zu erzählen. Die Skulpturen, Collagen und Malereien, aber auch ihre Publikationen, (Puppen-)Theaterstücke und Videoarbeiten gehen von Alltagsbeobachtungen und deren sozialen Kontexten aus. Charakteristisch für Zieglers künstlerisches Schaffen ist die spielerische Leichtigkeit, mit der sie diese widerständigen historischen und persönlichen Fäden zu neuen Netzen aus Wortspielen, Slapstick, „Spezial-Effekten“ und kleinen Alltagsrevolutionen verknüpft. Vergleichbar einem wimmelnden Landschaftsbild von Pieter Bruegel d.Ä. stellen auch ihre Untersuchungen grundlegende Fragen zu den Ambitionen und der Wirkkraft der Kunst im sozioökonomischen Kontext.
In ihrem Projektvorhaben „AIRY GERMAN TALES“ widmet sich Ziegler den rund 5000 afrodeutschen Babys aus sogenannten „mixed race“-Liebesbeziehungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden. Ausgehend von ihrem eigenen Großvater, der nach dem Krieg in Deutschland stationiert war, wird sie in einer Serie von Film- und Textarbeiten diesen bislang unbeachteten Teil der afrodeutschen Nachkriegsgeschichte nachzeichnen und künstlerisch ausleuchten.

  • 2022
    Clara Laila Abid Alsstar, Kalas Liebfried, Jonghoon Im, Janina Roider, Patrik Thomas, Giulia Zabarella
  • 2021
    Beowulf Tomek, Janina Totzauer, Gülbin Ünlü und  Paul Valentin
  • 2020
    Samuel Fischer-Glaser und Angela Stiegler, Laura Leppert, Anna M. Pascó Boltà, Viola Relle und Raphael Weilguni
  • 2019
    Gretta Louw, Lorenz Mayr, Jonas von Ostrowski, Judith Neunhäuserer und Mathias R. Zausinger
  • 2018
    Elke Dreier, Stefan Fuchs, Lee JiYoun, Lena Policzka
  • 2017
    Timothy Bennett, Federico Delfrati, Zita Schüpferling, Carina Shoshtary
  • 2016
    Ben Goossens, Lukas Kindermann, Keiyona Constanze Stumpf, Verena Seibt & Thomas Splett
  • 2015
    Felix Leon Westner, Agnes Jänsch, Stefanie Hofer, Carsten Nolte
  • 2014
    Heike Jobst, Angela Stauber, Anja Uhlig, Lisa Katrin Winkler
  • 2013
    Ulrich Gebert, Esther Rutenfranz, Peter Weiss, Ralf Homann / Manuela Unverdorben
  • 2012
    Anuk Miladinović, Elisabeth Magdalena Reitmeier, Ulla Rossek, Franz Wanner
  • 2011
    Gürsoy Dogtas, Jadranka Kosorcic, Stefan Lenhart, Nina Annabelle Märkl
  • 2010
    Benedikt Gahl / Veit Kowald, Kaori Nakajima, Andreas Lang, Susanne Wagner
  • 2009
    Albert Coers, Daniel Permanetter, Christian Schnurer, Clea Stracke & Verena Seibt Anna McCarthy
  • 2008
    Veronika Dimke, Lisa Erb, Silke Markefka & Nikolai Vogel und Peggy Meinfelder
  • 2007
    Andrea Faciu, Lucia Falconi, Paul Huf und Alexander Steig
  • 2006
    Helen Britton, Christian Engelmann, Stefano Giuriati und Erika Krause
  • 2005
    Beate Engl, Gregor Passens, Stefanie Trojan, Valio Tschenkov
  • 2004
    Heike Döscher, Stefan Eberstadt, Jens Kabisch, Claudia Wieser
  • 2003
    Nevin Aladag, Tom Früchtl und Wolfgang Stehle, Michael Schrattenthaler, Stephanie Senge
  • 2002
    Petra Gerschner, Jürgen Heinert, Eva Leitolf, Martina Salzberger
  • 2001
    Loretta Lux, Stephanie Maier, Thomas Thiede, Friederike & Uwe
  • 2000
    Lela Budde, Angela Dorrer, Wolfgang Groh, Veronika Veith
  • 1999
    Burkard Blümlein, Pauline Schimmelpenninck, Ulrich Schmitt, Andreas Wutz
  • 1998
    Angelika Böck, Angelika Hoegerl, Julia Kissina, Ursula Rogg
  • 1997
    Sabine Fockner, Pia Lanzinger, Anna Leonie, Theda Radtke, Nevin Aladag (Leonhard– und Ida–Wolf–Gedächtnispreis)
  • 1996
    Christiane Dörrich, Rawle Harper, Sabine Haubitz, M + M
  • 1995
    Maria Buchner, Karl Fritsch, Sabrina Hohmann, Kristine Oßwald
  • 1994
    Stefan Becker, Zoltan Jokay, Michael Lutz, Martin Schmidt
  • 1993
    Roland Fischer, Iris Hackl, Michael Hauffen, Thomas Huber
  • 1992
    Anna Anders, Johannes Brunner&Raimund Ritz, Kay Winkler, Jess Walter
  • 1991
    Sabine Kammerl, Eva Ruhland, Hubertus von Skal, Stefanie Unruh
  • 1990
    Patricia London Ante Paris, Uwe Oldenburg, Bert Rückert, Pavel Schmidt
  • 1989
    Carola Heine, Gabi Höbel, Hans-Peter Porzner, Brigitte T.A. Tischler
  • 1988
    Doris Titze, Reiner Wiesemes, Wolfgang Achmann, Michael Kunze
  • 1987
    Michaela Melián, Johannes Muggenthaler, Haralampi (Harald) Oroschakoff, Alexandra Stadtbäumer
  • 1986
    Magdalena Jetelova, Michael Böhmer, Petra Linck, Angelika Bader ⁄ Dietmar Tanterl
  • 1985
    Aribert von Ostrowski, Svava Björnsdottir, Monika Huber, Anna Tretter
  • 1984
    Hubertus Reichert, Regine von Chossy, Christoph Drexler, Samuel Rachl
  • 1983
    Lali Johne–Honsell, Stephan Huber, Kuno Lindenmann, Ursel Lill–Stühler, Michael Eckle, Peter Casagrande, Joachim Jung, Rotraut Fischer, Horst Thürheimer, Herbert Rometsch
  • 1982
    Helmut Rieger, Michael von Cube, Albert Hien, Viktor Kraus, Lukas Duwenhögger, Peter Mell, Heiko Herrmann, Wilhelm Holderied, Rainer Silbereisen, Stephan Kern
  • 1981
    Hormtientong Somboon, Erhard Haller, Gerd Jäger, Alfred Görig, Jockel Heenes, Ingo Glass, Bodo Buhl, Reinhard Fritz, Franziska Ablinger, Angelika Hofmann
  • 1980
    Nikolaus Gerhart, Dieter Villinger, Marianne Lautensack, Hans Seeger, Hansfried Münchberg, Shirley Shilling, Barbara Henning, Cristine Gruber, Ralf Meyer–Ohlendorf, Otto Künzli

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