
Pflege Angehöriger - und jetzt?

Informationen und Hinweise für pflegende Angehörige sowie Betroffene
Pflegebedürftigkeit und Krankheiten können das alltägliche Leben und Planungen für die Zukunft stark verändern. Oft müssen in kürzester Zeit Lösungen gefunden werden.
Der Umgang mit Hilfe- und Pflegebedürftigkeit ist eine große Herausforderung. Wir möchten Ihnen helfen, sich bei Begrifflichkeiten, Anspruchsvoraussetzungen sowie Ansprechpartner*innen besser zu Recht zu finden.
Die Informationen finden Sie auch in weiteren Sprachen.
1. Wie entsteht Pflegebedarf?
Er entsteht
- meist durch ein akutes Ereignis wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Sturz,
- oft langsam, beispielsweise durch eine fortschreitende Demenzerkrankung oder andere Krankheiten,
- infolge des Älterwerdens, wenn Körperfunktionen nachlassen (zum Beispiel sich bewegen, essen und trinken, in der zeitlichen und örtlichen Orientierung)
- bei Kindern und Jugendlichen zum Beispiel nach Komplikationen bei der Geburt, chronischen Erkrankungen, Unfällen
Bevor Pflegebedarf entsteht, ist oft Unterstützung im Haushalt notwendig (beispielsweise Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Wäsche waschen).
2. Wichtiges gemeinsam klären
Wichtige Schritte und Entscheidungen sollten mit allen Beteiligten besprochen werden. Es geht darum herauszufinden, wie viel Hilfe jemand braucht und was die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten sein könnte. Die meisten Menschen wollen auch bei Pflegebedürftigkeit zu Hause bleiben und durch Angehörige versorgt werden. Dennoch ist zu überlegen, ob eine Aufteilung der Versorgung möglich und sinnvoll sein kann. Bei schlecht geeignetem Wohnumfeld oder sozialer Isolation kann ein Umzug in eine andere Versorgungsform (zum Beispiel vollstationäre Einrichtung, ambulant betreute Wohngemeinschaft), sinnvoll sein.
3. Bei Aufenthalt im Krankenhaus
Im Krankenhaus ist das Gespräch mit den Ärzt*innen sowie dem Sozialdienst oder der sogenannten Pflegeüberleitung oder dem*der Case Manager*in der behandelnden Station sehr wichtig. Fragen Sie nach, wer genau sich um Ihre Fragen und Belange kümmert.
4. Wann liegt Pflegebedürftigkeit mit Anspruch auf Leistungen vor?
Für die Pflegebedürftigkeit ist der Grad der Selbständigkeit ausschlaggebend.
Es werden folgende Bereiche berücksichtigt:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (zum Beispiel örtliche und zeitliche Orientierung, Beteiligung an Gesprächen)
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung (zum Beispiel Duschen, An- und Auskleiden)
- Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (zum Beispiel Ruhen und Schlafen, Kontaktpflege)
Ist die Pflegebedürftigkeit kürzer als sechs Monate (um Beispiel nach einer Operation), kann ein Anspruch auf Häusliche Krankenpflege bestehen.
5. Welche Pflegegrade gibt es und wie werden sie vergütet?
Wichtige Informationen hierzu finden Sie im Online-Ratgeber des Bundesministeriums für Gesundheit.
Eine Besonderheit ist der Pflegegrad 1. Hier gibt es nur den Entlastungsbetrag von monatlich bis zu 125 Euro.
Er dient der Entlastung pflegender Angehöriger und ist unter anderem zu verwenden für
- Kosten von Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege
- Angebote zur Unterstützung im Alltag
6. Wer legt fest, ob Pflegebedarf tatsächlich besteht?
Zunächst muss ein Antrag auf Pflegeleistungen bei der (Pflege)Kasse, bei der Betroffene auch krankenversichert sind, gestellt werden. Dies muss nicht in Schriftform sein, sondern kann auch telefonisch erfolgen.
Die Pflegekasse lässt ein Gutachten erstellen, damit der Grad der Pflegebedürftigkeit ermittelt werden kann. Dazu vereinbaren bei gesetzlich Versicherten der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder bei privat Versicherten das Unternehmen MEDICPROOF einen Termin mit Ihnen.
Beim Begutachtungstermin ist es sinnvoll, wenn Familienangehörige oder Pflegepersonen anwesend sind. Hilfreich ist ein Pflegetagebuch. Darin können Sie genau dokumentieren, welcher Pflegebedarf besteht und somit die*den Gutachter*in unterstützen.
Der*die Gutachter*in kann auch zu geeigneten Pflegehilfsmitteln beraten und Vorschläge zu Umbaumaßnahmen in der Wohnung machen.
7. Bescheid der Pflegekasse
Die Pflegekasse erteilt nach der Begutachtung einen Bescheid über das Ergebnis der Untersuchung. Dabei ist sie verpflichtet, spätestens fünf Wochen nach der Antragstellung schriftlich mitzuteilen, ob und in welchen Pflegegrad jemand eingestuft wurde.
► Mehr zu den Begutachtungsfristen in der Pflegeversicherung
Sollten Sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein, können Sie innerhalb von vier Wochen, nachdem Sie den Bescheid erhalten haben, schriftlich Widerspruch einlegen.
Wenn Sie denken, dass ein Pflegegrad nicht mehr ausreicht, sollten Sie dies mit Ihrer*Ihrem Hausärztin*Hausarzt oder dem ambulanten Pflegedienst besprechen und einen Antrag auf Höherstufung stellen.
8. Demenz
Eine Demenzerkrankung entwickelt sich langsam. Es ist nicht einfach, die ersten Anzeichen von „altersgemäßen Gedächtnislücken“ oder einer Depression zu unterscheiden. Die Symptome einer Demenz hängen von der Art der Erkrankung ab. Nur ein Arztbesuch bringt Sicherheit, ob und falls ja, um welche Form der Demenz es sich handelt.
9. Angebote der Beratung und Unterstützung
Zunächst sollten Sie sich an die zuständige Pflegekasse wenden. Jede Pflegekasse hat einen gesetzlichen Beratungsauftrag. Pflegeberater*innen helfen Ihnen bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Sozialleistungen sowie sonstigen Hilfsangeboten, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind.
► Mehr zu den Angeboten der Beratung und Unterstützung in München.
10. Versorgungsformen
Pflegebedürftige Menschen können mittlerweile in vielfältigen Versorgungsformen betreut werden. Abhängig von den Wünschen und Bedürfnissen, aber auch dem erforderlichen Pflegeaufwand, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
11. Zuständigkeit, Beratung und Finanzierung im Rahmen der Sozialhilfe
Oft reichen die Leistungen der Pflegekasse und eigene Mittel (beispielsweise Rente, Gehalt, Vermögen) nicht aus, um die nötige Versorgung sicher zu stellen. Im Rahmen der Sozialhilfe können ungedeckte Restkosten (wenn beispielsweise die Rechnung des ambulanten Pflegedienstes höher ist, als das Geld von der Pflegekasse) beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden.
► Mehr zur Zuständigkeit von Beratung und Finanzierung im Rahmen der Sozialhilfe.
12. Häusliche Unterstützungsleistungen
Wer Schwierigkeiten hat, seinen Haushalt selbständig zu erledigen und/oder geringfügige Unterstützungsleistungen (zum Beispiel beim Einkaufen, Kochen, Haare waschen) benötigt, kann die Übernahme dieser Kosten im Sozialbürgerhaus der Landeshauptstadt München beantragen.
Unterstützung ist möglich für Personen, die keinen Pflegegrad 2 oder höher haben.
13. Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
Die Verordnung von Hilfsmitteln (wie Rollstuhl, Pflegebett, Erhöhung des Toilettensitzes) sind mit Ihrer*Ihrem Hausärztin*Hausarzt zu besprechen. Informationen zur Hilfsmittelversorgung finden Sie bei Rehadat sowie beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
14. Was passiert bei einem Unfall von pflegenden Angehörigen?
Wenn Pflegende einen Unfall haben und ins Krankenhaus müssen könnten die Angehörigen unversorgt bleiben. Für diesen Fall wurde eine Notfallscheckkarte entwickelt, die man bei sich führen kann. Auf der Karte tragen Sie den Namen der pflegebedürftigen Person ein und wo eine Notfallcheckliste zu finden ist. Hier sind Eintragungen zur Erkrankung, behandelnden Ärzten*Ärztinnen und so weiter möglich.
Beides sowie weitere Informationen zum Gesundheitsschutz für pflegende Angehörige finden Sie auf der Internetseite www.beim-pflegen-gesund-bleiben.de.
15. Patientenverfügung, rechtliche Betreuung
Es kann sein, dass eine pflegebedürftige Person ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) regeln kann.
Bereits im Vorfeld können Regelungen getroffen werden, die den Angehörigen und Bezugspersonen Entscheidungen im Sinne der Betroffenen erleichtern.
Eine Patientenverfügung und Betreuungsverfügung kann hier sehr hilfreich sein.
► Mehr zur Patientenverfügung und zur rechtlichen Betreuung.
16. Was, wenn ich mit der pflegerischen Versorgung nicht zufrieden bin?
Fragen zur pflegerischen Versorgung und Unzufriedenheit gibt es in allen Versorgungsformen. Es ist wichtig, Probleme mit den betroffenen Personen frühzeitig anzusprechen. Wenn Sie die Probleme selbst nicht lösen können, können Sie sich Hilfe holen.
17. Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege
Viele Unternehmen und Organisationen unterstützen ihre Mitarbeitenden dabei, Beruf und Pflege zu vereinbaren. Erkundigen Sie sich bei Ihrer*Ihrem Arbeitgeber*in, welche Möglichkeiten es gibt. Lohnenswert ist auch ein Blick in den für Sie geltenden Tarifvertrag. Hier können Leistungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie geregelt sein, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen.
Zu den nachstehenden Ansprüchen gibt es Informationen durch das Bundesministerium für Gesundheit:
18. Sterben und Tod
Die Beschäftigung mit den Themen Sterben und Tod ist besonders bei Pflegebedürftigkeit früher oder später unausweichlich. In München gibt es viele Institutionen und Einrichtungen, die Betroffene und ihre Angehörigen, Bezugspersonen oder Freunde unterstützen können. Dazu gehören zum Beispiel Hospiz- und Palliativeinrichtungen oder Helfervereine
Das Referat für Gesundheit und Umwelt hat entsprechende Informationen, die Sie hier nachlesen können.
19. Glossar
Im Glossar möchten wir Ihnen bestimmte Fachbegriffe, die wir in unseren Texten verwenden, erklären.
► Zum Glossar mit Fachbegriffen aus der Pflege- und Krankenversicherung.