Theaterstücke, Workshops, Interventionen

Female Peace Palace Festival: Das Programm in den Münchner Kammerspielen

Beim Female Peace Palace Festival widmeten sich die Münchner Kammerspiele und die Monacensia den Friedensbewegungen von Frauen und feierten die Kraft von Theater und Widerstand. Insgesamt standen während des Festivals acht Stücke und Performances auf dem Programm, einige davon waren gemeinsam mit Künstler*innen aus Krisengebieten wie der Ukraine oder der Türkei entstanden. Alle Produktionen im Überblick.

Die politische Kraft des Feminismus: Darum ging es bei Female Peace Palace

Aktueller könnte das Thema nicht sein, wie der Blick in den Iran oder nach Georgien zeigt: Vom 31. März bis 23. April 2023 boten die Münchner Kammerspiele und die Monacensia dem Widerstand und den Friedensbewegungen von Frauen eine Bühne – mit Theaterstücken, Performances und Gesprächen.

Das Female Peace Palace Festival brachte Politik und Kunst zusammen. Inspiriert von einer historischen Zusammenkunft, dem „Ersten Frauenfriedenskongress“ 1915 in Den Haag, spannte es den Bogen zu den heutigen Krisengebieten. „Wir stehen kontinuierlich mit Künstler*innen aus verschiedenen Konfliktzonen im Austausch, aus der Ukraine, Syrien, der Türkei“, sagt Barbara Mundel, die Leiterin der Münchner Kammerspiele. „Das Theater erscheint uns als der richtige Ort, um ins Sprechen und Imaginieren zu kommen, wo uns angesichts von Krieg und Hass mitunter Worte fehlen.“

Im Folgenden stellen wir die Stücke und Performances in den Kammerspielen vor.

Diese Stücke waren beim Festival im Programm

Anti War Women

Female Peace Palace Kammerspiele Anti War Women
Julian Baumann

„Anti War Women“ blickte auf das Jahr 1915 und die historischen Ereignisse während des Ersten Weltkriegs zurück. Allen Widrigkeiten zum Trotz organisierten die Münchnerinnen Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg einen Frauenfriedenskongress in Den Haag. Unter der Regie von Jessica Glause und mit Hilfe der Musik von Eva Jantschitsch erzählten die Schauspieler*innen die Geschichte der visionär denkenden Kriegsgegnerinnen – von politischem Engagement und zivilem Ungehorsam, aber auch von der Gewalt, die sie und ihr Umfeld 1915 direkt erfuhren.

Halide. Words of flame

 Female Peace Palace Kammerspiele Halide Words of flame
Aus dem Familienalbum von Omer Sayyar – Andnan Saray

Die Performance „Halide“ in der Regie von Emre Koyuncuoğlu beschäftigte sich mit der Freiheitskämpferin Halide Edip Adıvar, eine Ikone der frühen Frauenbewegung der Türkei. Drei türkische Performerinnen unterschiedlicher Generationen schlüpften in die Rolle der Aktivistin. Zu sehen war das bestens ausgebildete Mädchen aus dem osmanischen Bürgertum, das überzeugende Artikel über Frauenrechte schreibt. Die Kriegsreporterin, die reiten lernt, um als Freiheitskämpferin im Unabhängigkeitskrieg ganz vorn dabei zu sein. Und schließlich die intellektuelle Pazifistin, die mit Ghandi befreundet ist.

Bayerische Suffragetten

Female Peace Palace Kammerspiele Bayerische Suffragetten
Julian Baumann

Vor 120 Jahren war München eine absolute Hochburg der Frauenbewegung. Viele Künstlerinnen standen an ihrer Spitze und stellten die bisherige Ordnung radikal in Frage. Sie wollten berufstätig sein (und Mutter) und kämpften für Bildung, Gesundheit und Rechte, obwohl es ihnen verboten war, sich politisch zu organisieren. Sie trafen sich trotzdem, rauchten und tranken, führten alle möglichen Formen von Beziehungen und schufen eine politisch wirksame Bewegung. Wirklich gegeben hat es die „Bayerischen Suffragetten“ zwar nie, aber das Stück erfindet eine Freundinnenschaft von gestern, die bis heute aktuell ist.

Licht

Female Peace Palace Kammerspiele Licht
Sima Dehgani

In „Licht“ lud die Regisseurin Tea Tupajić jesidische Frauen ein, ihre Geschichte auf der Bühne zu erzählen. Nach einer einjährigen Vorbereitung betraten die Frauen die Bühne und erzählten die Geschichte von dem, was geschah. So wie sie sich daran erinnerten und bis sie nicht mehr konnten. Jede Nacht wurde ein Teil der Geschichte erzählt, wann die Vorstellung endete, entschieden die Erzählerinnen.

Der Sprung vom Elfenbeinturm

Female Peace Palace Kammerspiele Der Sprung vom elfenbeinturm
Emma Szabó

In „Der Sprung vom Elfenbeinturm“ erweckte die Regisseurin Pınar Karabulut das literarische Werk der Satirikerin Gisela Elsner zum Leben. Es ging auf eine Erkundungstour in die Untiefen der Nachkriegszeit und der Bundesrepublik vor 1990, die auch unsere Gegenwart prägen: faschistisches Denken, Geschichtsverdrängung, maßloses Wachstum, hierarchische Geschlechterverhältnisse und soziale Ungleichheit.

in my hands I carry

Female Peace Palace Kammerspiele in my hands I carry
Judith Buss

Im Zusammenhang mit „Anti War Women“ war bei ausgewählten Vorstellungen die performative Intervention „in my hands I carry” (Konzept und Regie: Miriam Ibrahim) zu sehen. Die afroamerikanische Frauen- und Bürgerrechtlerin Mary Church Terrell war die einzige Schwarze Teilnehmerin an der Internationalen Frauenkonferenz 1904 in Berlin und dem zweiten Frauenfriedenskongress 1919 in Zürich und trat dort für die Rechte Schwarzer Menschen auf der ganzen Welt ein.

Green Corridors / Зелені коридори

Female Peace Palace Kammerspiele Green Corridors
Armin Smailovic

„Green Corridors“ war ein Auftragswerk, das die ukrainische Autorin Natalia Vorozhbyt, inspiriert von ihren eigenen Erlebnissen auf der Flucht, für die Münchner Kammerspiele geschrieben hat. Vier Frauen machen sich aus Charkiw, Tschernihiw, Butscha und Kyjiw auf den Weg nach Europa. Sie alle sind Zeuginnen von Vergewaltigung und Tod, bis auf eine der Frauen, sie ist Schauspielerin und hat nichts Schreckliches erlebt, kann aber alles spielen. Genau dafür muss sie büßen und wird als Sündenbock im Laufe des Stücks sieben Mal von ihren Mitreisenden zur Strecke gebracht.

Die Freiheit einer Frau

Female Peace Palace Kammerspiele Die Freiheit einer Frau
Armin Smailovic

Mit „Die Freiheit einer Frau“ begibt sich der Shooting-Star des französischen Romans, Édouard Louis, auf die Spuren seiner Mutter Monique Belleguelle. Das Stück erzählt von ihrer berührenden Held*innenreise: wie sie sich von ihrer toxischen Familie in der Provinz befreit, wie sie in Paris ein neues Leben und eine neue Liebe findet, wie sie schließlich mit Catherine Deneuve eine Zigarette raucht.

Symposium und Workshop

Wie steht es mit unserem Vertrauen in Demokratie, Menschenrechte und internationale Solidarität heute? Um das herauszufinden, luden die Organisator*innen des „Female Peace Palace“-Festivals am 21. und 22. April zu einer internationalen Versammlung ein. Jede*r konnte kostenlos zuhören, lernen, sich austauschen und mitdiskutieren:

  • Als Expertinnen diskutierten unter anderem die Leiterin des ZDF-Studios in Kairo Golineh Atai, die Politikwissenschaftlerin Françoise Vergès und die Menschenrechtsaktivistin Kristina Lunz über feministische Außenpolitik und aktuelle Handlungsoptionen.
  • Künstler*innen und Journalist*innen aus Syrien, der Ukraine, Belarus und dem Iran sprachen über das Schreiben im Krieg, aber auch den Widerstand des weiblichen und queeren
  • Das ganze Programm beim Symposium im Überblick

Das Programm des Festivals und der „Assembly“ bildeten auch die Grundlage für ein Workshopwochenende am 9. und 10. Juni in den Kammerspielen. Unter dem Motto "Wir (Be)Schreiben uns und unsere Zukunft selbst" könnt ihr jeweils von 11 bis 17 Uhr eure gegenseitigen Eindrücke das Festivals austauschen.

In Kooperation mit den Münchner Kammerspielen

Dieser Beitrag über das Female Peace Palace Festival ist von den Münchner Kammerspielen, einem Theater der Stadt München, beauftragt. Die Inhalte wurden zwischen den Münchner Kammerspielen und muenchen.de, dem offiziellen Stadtportal, abgestimmt.